Das Zeiträtsel (Filmstart: 5.4.2018)

Veröffentlicht wurde der Roman „A winkle in time“ der 2007 verstorbenen Schriftstellerin Madeleine L’Engle bereits 1962, in deutscher Übersetzung bekam man ihn zum ersten Mal 1968 unter dem Titel „Spiralnebel 101“ zu lesen. Später hieß er „Die Zeitfalte“ und in der neuen Ausgabe ist der Titel nun dem des Films angeglichen: „Das Zeiträtsel“. Disney ließ sich die Verfilmung durch die Regisseurin Ava DuVernay über 100 Millionen Dollar kosten, was interessant anmutet für ein Machwerk, das bei uns lediglich im Nachmittagsprogramm läuft und eher als ein Kinderfilm abgehandelt wird. Die Kritiker halten sich außerdem mit überschwänglichem Lob mehr als zurück. Lohnt es sich also, in den ersten richtigen Frühlingstagen des Jahres nachmittags ins Kino zu gehen?

 

Die dreizehnjährige Meg Murry (Storm Reid) vermisst ihren Vater. Der hoch dekorierte Physiker ist seit vier Jahren verschwunden. Meg hat seitdem Probleme in der Schule, besonders mit ihren Mitschülerinnen und muss regelmäßig aus disziplinarischen Gründen beim Rektor vorsprechen. Ihre Mutter (Gugu MBatha-Raw) rügt sie ob ihres Verhaltens, nur ihr kleiner, hoch intelligenter Bruder Charles Wallace (Deric McCabe) hält wirklich zu ihr. Eines Abends taucht plötzlich eine unbekannte Frau auf, die sich „Frau Soundso“ (Reese Witherspoon) nennt und offenbar von Charles Wallace gerufen wurde. Sie wird zunächst von der Mutter abgewimmelt, kommt aber wenig später in Begleitung von „Frau Wer“ (Mindy Kaling) und „Frau Welche“ (Oprah Winfrey) zurück. Die erklären Meg und ihrem Mitschüler Calvin O’Keefe, der für Meg schwärmt, dass sie mit ihnen zusammen ihren Vater aus einer Zeitfalte im Universum befreien soll. Das ist möglich durch die „Tesserung“, eine Technik, die ihr Vater entdeckte und mit der man durch das ganze Universum reisen kann. So machen sich Meg, Charles Wallace und Calvin auf eine Reise an die absonderlichsten Orte, um den Vater zu retten. Denn die dunkelste aller Gefahren, das „Es“, bedroht alle Lebewesen des Universums.

 

Die Geschichte scheint tatsächlich eine Paradevorlage für spektakuläre Effekte zu sein. In dieser Hinsicht enttäuscht der Film keineswegs. Faszinierende Welten bekommt der Zuschauer zu sehen, von idyllischen Berglandschaften, Kornfeldern, die plötzlich durch aus dem Boden schießende Bäume von Wäldern überlagert werden, die wiederum von einer Art Tornado aufgesogen werden, bis hin zu abstrusen Szenerien, die dem Film manchmal eine Atmosphäre irgendwo zwischen „2001 – Odyssee im Weltraum“ und „Inception“ verleihen. Dies alles müssen die jungen Hauptdarsteller erst einmal verpacken, was aus meiner Sicht besonders „Meg“ Storm Reid gut gelingt. Sie transportiert mit ihren 14 Jahren Lebensalter schon ordentlich Charisma auf die Leinwand. Die in den Rollen der Göttinnen (ich nenne sie mangels Alternative einmal so) agierenden, hoch dekorierten Stars müssen da nicht viel mehr tun, als ihre mütterliche Ader herauszukehren. Zugegeben, viel mehr machen sie auch nicht. Aber es ist in Ordnung.  Dennoch rümpft so mancher Kritiker leicht die Nase. Wieso?

 

Interessant zu lesen ist, dass die Autorin selbst nach Fertigstellung des Manuskripts Probleme hatte, die Geschichte bei Verlagen unterzubringen. Die Zielgruppe sei zu undefiniert. So ganz unverständlich ist das nicht, denn dem Film könnte man eine ähnliche Eigenschaft unterstellen, die vor allem in der Business-Welt als Manko gesehen wird. In jenem Universum, das in seiner Beschaffenheit Wissenschaft und Religion in Einklang zu bringen versucht, ist eben nicht alles spielerisch leicht, wie in einem gewöhnlichen Kinderfilm. Doch das Grundthema, Liebe und familiärer Zusammenhalt, ist letztlich eher wenig subtil vorgetragen, zu wenig womöglich für den anspruchsvollen Rezipienten.

 

Der Film selbst deutet zudem bestimmte Handlungsstränge des Buches nur an, ist daher wohl eher für Zuschauer, die die Geschichte bereits kennen. Während im Roman die verschiedenen Welten alle ihren Sinn ergeben, bleiben sie auf der Leinwand im Rahmen der Handlung, wenn auch faszinierendes, Stückwerk. Es ist ein selteneres Urteil über einen Film, aber in diesem Fall stimmt es: Eine halbe Stunde mehr hätte dem Erzählstrang bei insgesamt 110 Minuten nicht schlecht getan. Geschichte und Schauspieler hätten es verdient. Da aber die Unterhaltung alles andere als zu kurz kommt und man als Zuschauer ein ordentliches 3D-Spektakel mit einprägsamen Szenen zu sehen bekommt, würde ich jedem interessierten Kinogänger raten, sich nicht von den Kritiken abhalten zu lassen und sich selbst ein Urteil zu bilden. Niemand wird es bereuen.

(gepostet: 10.4.2018)