Gemini Man (Start: 3.10.2019)

Quelle: www.filmstarts.de
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Will Smith gegen Will Smith, oder besser: Flaschengeist Genie gegen den Prinzen von Bel Air, das verspricht der Film des im Trailer als „Visionär“ bezeichneten taiwanischen Regisseurs Ang Lee. Dass er bereits drei Oscars auf seinem Kaminsims stehen hat, mag allein nicht als Beleg dafür herhalten, schon gar nicht, wenn er sich nach „Tiger and Dragon“, „Brokeback Mountain“ und „Life of Pi“ nun das erste Mal an einen Action-Film wagt. Aber das rückte im Vorfeld in den Hintergrund angesichts der Tatsache, dass er Will Smith tatsächlich gegen sein 25 Jahre jüngeres Ich im Film kämpfen lässt. „Gemini Man“ soll auf diese Art, vielleicht nicht in ein neues Zeitalter, aber zumindest auf die nächste Stufe der Filmtechnik führen. Muss man doch eigentlich gesehen haben, oder?

 

Henry Brogan ist der Mozart unter den Auftragskillern. Er schießt aus zehn Kilometern einer Fliege die Brille von der Nase, ist aber ansonsten im Leben nicht sonderlich glücklich, Einzelgänger, fast ein Eremit mit dem einzigen Hoffnungsschimmer, dass er nach seinem letzten Auftrag endlich in Rente gehen kann. Dummerweise war dieser Auftrag Teil eines großen Komplotts und als er dahinterkommt, jagen ihn so ziemlich alle seine alten Freunde bis auf die Agentin Danny (Mary Elizabeth Winstead), die ihn begleitet. Um dahinter zu kommen, was eigentlich gespielt wird, reist Henry um die halbe Welt, nur um festzustellen, dass ein Killer auf ihn angesetzt wurde, der aussieht wie er, nur jünger. Mit Schrecken muss er schließlich einsehen, dass dieser junge Mann tatsächlich er selbst ist.

 

Klingt nach viel Action und viel Technik und das ist es auch. Mal abgesehen von Will Smith und seiner Dopplung kommt der Film mancherorts auch noch in „Higher Frame Rates“ (HFR) daher, was ihn aus meiner Sicht wie eine Dokumentation über den Niederrhein im WDR-Fernsehen aussehen lässt. Aber nicht schlecht, nichts an diesem Film ist schlecht, was die Technik angeht. 3D versteht sich natürlich von selbst, I Sense, wer modernes Kino sehen will, bekommt hier nahezu die Vollbedienung.  

 

Nun will ich nichts ins gleiche Horn tuten, wie die Spiegel-Film-Medusa Hannah Pilarczyk, die die Handlung als „dumm“ und „hanebüchen“ bezeichnet. Ich weiß ohnehin nicht, wer unter 70 letzteren Begriff heute überhaupt noch benutzt, dieses Urteil ist etwas übertrieben. Vielmehr versucht der Regisseur zu Beginn, den berufsmüden Auftragskiller in einigen Facetten darzustellen, fast schon zu charakterisieren, was aber zur Folge hat, dass für einen Actionfilm die Handlung erst einmal nicht wirklich in die Puschen kommt. Es folgen ein paar durchaus brachiale Faustkämpfe und das erste Aufeinandertreffen von Will und Will, wobei letztlich der jüngere den älteren mit einem Motorrad verprügelt. Das ist ziemlich cool! An diesem Punkt scheint der Film tatsächlich richtig Fahrt aufzunehmen und sich gegen Ende zu einem Drama zu verdichten, das sich sowohl die Frage der Identität als auch die des Klonens auf die Protestplakate schreibt. Auch dagegen ist nichts einzuwenden. Richtig doof wird es, das gebe ich zu, am Ende, da bin ich nahe bei Frau Pilarczyk.

 

Letztlich konnte Ang Lee wohl nicht richtig über seinen Schatten springen und einen normalen Actionfilm machen, sondern wollte der Story noch ihre dramatischen Säfte herauspressen. Das funktioniert in der Kombination nicht wirklich. So bleibt letztlich die aufwendige Technik der eigentliche Star und Hingucker. Da dies vom ersten Trailer an eigentlich deutlich war, bedeutet es keine richtige Enttäuschung. Wer „Babyface“ Will also noch einmal auf der großen Leinwand bewundern will, kann hier nicht viel falsch machen. Technik-, Bild-, Tonfreaks könnten sicher auch einen Blick riskieren. Der Rest schaut sich den „Joker“ an oder noch besser: „Midsommar“. Da hat man im Nachhinein länger was von. (gepostet: 12.10.2019)