Es war am 15.3.2020, als ich mich bereits auf eine sonntägliche Kinovorstellung freute und plötzlich keine Karten mehr online bestellt werden konnten. Bis zuletzt hatte ich nicht geglaubt, dass die Kinos tatsächlich wegen Corona schließen würden, schienen doch die Maßnahmen mit einer Begrenzung auf 100 Leute pro Kinosaal und freier Platzwahl mehr als vernünftig. Aber dann kam es doch so. Über zwei Monate sind alle Kinos jetzt schon geschlossen. Nun blicken wir hoffnungsvoll auf die Entscheidungen der Regierungen, dass so langsam wieder Normalität einkehrt und ich besonders einem meiner liebsten Hobbys wieder frönen kann. So wollte ich auch nicht die letzten Filmrezensionen, die ich geschrieben habe, online stellen und ebenso wenig meine Top und Flop 5 der Monate Januar bis (Mitte) März. Aber jetzt können wir ja vielleicht bald wieder Kinofilme sehen, und womöglich laufen einige der Schätzchen noch. Hier also die „Do’s and Don’ts“ der ersten drei Monate 2020.
Es gab im ersten Quartal zwar nicht so viele reizvoll klingende Filme, aber unter denen mehr Licht als Finsternis. Es fiel mir sogar schwer, die 5 Flop-Filme zusammenzustellen. Die meisten waren wirklich ganz ansehnlich. In ihrem Genre durchaus unterhalten haben mich 21 Bridges (Action), Underwater und Der Unsichtbare (Horror) sowie Der Spion von Nebenan und Dr. Doolittle (Komödie). Tatsächlich konnte auch die Verfilmung von Marc-Uwe Klings Känguruh-Chroniken punkten, ob es allerdings für beinharte Fans der Reihe gereicht hat, kann ich nicht beurteilen. Herausragend waren aber dennoch fünf andere Filme.
Auf Platz 5 findet sich mit The Lodge der zweite Film der österreichischen Regisseurinnen Veronika Franz und Severin Fiala ein. Mit „Ich seh Ich seh“ haben sie ein durchaus schockierendes Debüt vorgelegt, das im Moment auch auf Netflix zu sehen ist. The Lodge ist die Geschichte einer Frau, die von ihrem neuen Ehemann in einem einsamen Haus zusammen mit seinen zwei Kindern allein gelassen wird, damit die sich besser kennenlernen. Die Konsequenzen sind tatsächlich haarsträubend. Der Film schockiert auf einer gewissen subtilen Ebene, wirft einige Fragen auf und hat in Teilen tatsächlich Programmkinoniveau. Wenn man sich darauf einlässt, kann es richtig gut werden.
Auf Platz 4 haben wir mit Fantasy Island einen Film, der bei vielen Kritikern durchgefallen ist. Basierend auf einer Serie aus den 70er und 80er Jahren wird die Geschichte von Menschen erzählt, die auf einer Insel ihre tiefsten Wünsche erfüllt bekommen. Die Konsequenzen sind gewöhnlich jenseits ihrer Vorstellungen. Dass man daraus einen Horrorfilm machen wollte, war vielleicht nicht die beste Idee, denn er ist nicht besonders gruselig. Aber die Geschichte mochte ich, sie hatte Charme und Herz. Also, warum nicht? Schöne anderthalb Kinostunden.
Um das Leben von Harley Quinn, nachdem der Joker mit ihr Schluss gemacht hat, geht es in Birds of Prey. Auch hier wollten die Kritiker einiges nicht gesehen haben, was dort hineingehörte. Ich persönlich aber habe es sehr genossen, Margot Robbie als Anarcho-Harlequeen durch Gotham City streifen zu sehen, witzig, actionreich und unterhaltsam. Vielleicht erwarten auch viele nach „Joker“ von DC nur noch Kunstfilme. Das ist Birds of Prey nicht, dafür bietet er jede Menge Spaß. Platz 3.
Der klassische Krimi hält zunehmen wieder Einzug ins Kino und wer Knives Out gesehen hat, wird wahrscheinlich hoffen, dass das auch so weiter geht. Irgendwo zwischen Agatha Christie und Oceans 11 zieht der Film zielsicher viele Register der Who-Dunnit-Unterhaltung mit Daniel Craig als exzentrischen Ermittler. Die tatsächlich 130 Minuten Spielzeit vergehen wie im Flug mit einem Ende, das eines solchen Films würdig ist. Mehr, mehr, bitte mehr davon! Platz 2.
Eine deutsche Komödie auf Platz 1? Ja, Enkel für Anfänger klingt dämlich, aber dieser Film ist eine großartige Geschichte um die beiden Randgruppen der Gesellschaft, zu denen die meisten irgendwann einmal gehören: Kinder und Alte. Die „Welt der Erwachsenen“ (also von denen dazwischen) wird hier auf eine witzige, skurrile und doch tiefgründige Art und Weise dargestellt. Dieser Film ist ein toller Beleg dafür, wie wahr eine Komödie doch sein kann. Großartige, liebenswerte Figuren, ganz vorne Heiner Lauterbach als alleinstehender homosexueller Rentner Gerhard, nehmen den Zuschauer mit durch ihren Alltag, ihre Probleme und Wünsche. Ich habe mich oft gewundert, wie viele bizarre Kleinigkeiten unseres heutigen Lebens der Film aufnimmt, ohne auch nur ein einziges Mal jemanden zu verurteilen. So muss es sein. Bester Film des Jahres bislang.
Top 5
Was die Flops angeht, wurde ich als Kinozuschauer in den letzten Monaten eher geschont. Der größte Flop war eigentlich, dass die richtigen Kracher in diesem Zeitraum fehlen, diese Filme, die schon Wochen vorher landesweites Nägelkauen verursachen, sieht man mal von Birds of Prey ab. Für mich gab es eigentlich nur einen wirklich schlechten Film, der ist auch folgerichtig auf Platz 1. Die anderen hatten ebenso ihre Vorzüge, die aber nicht zu einem wirklich guten Film reichten.
Auf Platz 5 ballert sich Vin Diesel als mit Nano-Technik getunter Superheld Bloodshot. Dieser Film ist nicht wirklich schlecht, wartet sogar mit einigen netten Twists auf, die die Story recht unterhaltsam machen. Allein mein mangelnder Hang zur Faszination für Technik, die irgendwelche Wunder vollbringt, führt dazu, dass ich ihn in die Flop 5 platziere. Die Welt hat sicher schon schlechtere Filme mit Vin Diesel gesehen. Kann man machen, ist aber auch nicht schlimm, wenn nicht.
Leid tut es mir für Edward Norton, der in den Film Motherless Brooklyn wirklich sein ganzes Herz gesteckt hat. Die Romanverfilmung spielt im New York der 50er Jahre und ist durchaus liebevoll inszeniert. Doch insgesamt konnte ich mit der Story nicht so viel anfangen. Bei 142 Minuten Spielzeit war doch viel Langeweile dabei, die die schöne Atmosphäre nicht verhindern konnte. Ist ein Fall für Liebhaber der Zeit und besonders des Jazz. Alle Anderen brauchen ihn nicht zu schauen. Platz 4.
Noch eine Horrorfilmpuppe, die nochmal ihr Unwesen treiben darf, bietet Brahms: The Boy 2. Man könnte dem Film etwas abgewinnen, wenn man in der Spätvorstellung im Kino oder allein abends vor dem Fernseher zuhause sitzt. Aber seien wir ehrlich: Man braucht es auch nicht unbedingt. Die Story bietet nichts Neues und auch nichts sonderlich Unheimliches. Vielleicht lassen wir das in Zukunft einfach und als Motivation dafür vergebe ich Platz 3.
Was Knives Out so verteufelt gut macht, vergeigt The Gentlemen aus meiner Sicht fast völlig. Coole Gangster, coole Sprüche, das gibt es schon so oft, und in diesem Fall ragt tatsächlich sehr wenig heraus. Collin Farrell macht Spaß, ansonsten konnte man sich als Kenner des Genres humorvoller Gangsterfilme fast schon ein wenig beleidigt fühlen, weil man das alles schon mindestens dreimal gesehen hat. Gut für DVD-Abende, bei denen man hauptsächlich mit den Kumpels quatschen will, gewöhnlich genug für Platz 2.
Sehe ich am Anfang eines Films den Zusatz „nach einer wahren Geschichte“, möchte ich oft schon laufen gehen. Gewiss, es gibt auch gute Beispiele, aber dann gibt es solche Filme wie Bombshell. Langweilig, vorhersehbar wie eine Geschichte, die man zum 10. Mal hört. Dazu die Thematik von Frauen, die sich karrieremäßig hochschlafen, was als eklatanter Missbrauch der Weiblichkeit, fast als Vergewaltigung dargestellt wird. Kein Tiefgang, keine Erkenntnisse, einfach nur zwei Stunden triefend bequeme Anklagebank-Perspektive. Unerträglich und daher auf jeden Fall Platz 1 der Flops!
Flop 5
1. Bombshell
So hoffe ich wie so viele, dass die Kinos bald wieder öffnen. In diesem Quartal werde ich keine Top- und Floplisten mehr erstellen, dafür dann wieder Ende September. Das Kino fehlt mir so sehr und ich möchte mich an dieser Stelle einmal beim UCI-Bochum bedanken, wo vor gut einem Monat gratis Popcorn verteilt wurde. Tolle Aktion! Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder!
(gepostet: 22.5.2020)