Wind River (Filmstart: 8.2.2018)

Quelle: www. filmstarts.de
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Ein Thriller im Schnee – das hat das letzte Mal im Fall der Joe-Nesbo-Verfilmung „Schneemann“ bei mir für eine derbe Enttäuschung gesorgt, so derbe, dass ich ihn auf Rang 2 meiner persönliche Liste der schlechtesten Filme des Jahres 2017 erhoben habe. Aber es muss ja nicht immer so sein. Auch wenn eine Kulisse aus Schnee und Eis sicher nicht für rasante Action geeignet ist, so kann ein Thriller doch einiges mit dieser Atmosphäre anfangen. Da sollte es doch zumindest möglich sein, das Unterhaltungslevel auf das Niveau einer guten „Criminal Minds“ Folge zu heben, was „Schneemann“ definitiv zu keiner Zeit gelungen ist. Mal sehen also, ob „Wind River“ das Blut zumindest ein wenig zum Gefrieren bringt.

 

In Indianerreservat „Wind River“ im südwestlichen US-Bundesstaat Wyoming geht der Jäger Cory Lambert (Jeremy Renner) seiner täglichen Arbeit nach. Von seiner Frau, einer „Native American“, ist er geschieden, ihr gemeinsamer Sohn ist zehn Jahre alt und es ist die Rede von einer Tochter, der allerdings etwas passiert sein muss. Auf einem seiner Streifzüge findet Cory die gefrorene Leiche einer jungen Frau, die sich als die ehemalige beste Freundin seiner Tochter entpuppt. Der im Spurenlesen äußerst versierte Einzelgänger erkennt sofort, dass sie von mehreren Männern vergewaltigt und dann barfuß bei -30 Grad eine weite Strecke gelaufen sein muss, bevor sie starb. Die örtliche Polizei holt sich die Unterstützung des FBI in Person der jungen Agentin Jane Banner (Elisabeth Olsen). Sie und Cory bemühen sich nun um Aufklärung dieses abscheulichen Verbrechens und müssen dafür tief in die Abgründe des harten Lebens im Reservat steigen.

 

Wow! Dieser Film geht wirklich unter die Haut! Er schafft es mit einem ruhigen, im wahren Wortsinn eisigen Ton zu Beginn sehr viel Atmosphäre zu vermitteln. In seinem Verlauf, kaum merklich, dann mit immer eindringlicheren Schockszenen, zieht er den Zuschauer in seinen Bann, so dass einem tatsächlich ab und zu einfach nur noch der Mund offen steht. Ich will hier gar nicht so viel von der Story verraten. Vielmehr das: Was vom ersten Setting her zunächst wie ein simpler Whodunnit-Thriller anmutet, entpuppt sich im Laufe des Films doch immer mehr als ein Portrait eines wirklich für die meisten Menschen unbekannten Amerikas. Man muss sich nur drei Dinge vergegenwärtigen: Erstens, dass Wyoming tatsächlich noch vor Alaska der Bundestaat mit den wenigsten Einwohnern in den USA ist. Zweitens einen Satz, den Cory ziemlich am Ende sagt und der sinngemäß widergibt, dass in den Großstädten das Leben vielleicht von Glück und Unglück abhängt, im Reservat aber nur vom Willen zu Überleben. Und drittens den kleinen Satz, mit dem der Film schließt, nämlich, dass es in den USA keine Statistiken über verschwundene Frauen in Reservaten gibt. Wahrer muss eine Geschichte gar nicht sein.

 

So hinterlässt „Wind River“, auch dank der exzellenten schauspielerischen Leistung aller Beteiligten, wirkliche Spuren, die nicht so schnell verwehen. Der „wilde Westen“ im 21. Jahrhundert, skrupellos, völlig unromantisch, von der Welt vergessen. Kino mit Gänsehautgarantie! (gepostet: 15.2.2018)